Kurzprotokoll der Sitzung der BAG Energie 27. bis 29. Okt. 2017 in Berlin
Auf Basis der Mitschrift von: Werner Weindorf, LAG Energie Bayern
Anwesend waren Mitglieder aus folgenden Landesverbänden:
- Baden-Württemberg
- Bayern
- Berlin
- Brandenburg
- Bremen
- Hamburg
- Hessen
- Mecklenburg-Vorpommern
- Niedersachsen
- Nordrhein-Westfalen
- Rheinland-Pfalz
- Schleswig-Holstein
Inhaltsverzeichnis
1 Exkursion: H2-Mobility
2 BDK Antrag „GRÜNE Solar- und Wind-Offensive“
3 Podiumsdiskussion CO2-Abgabe
4 Klimaschutz und Sektorkopplung
4.1 SWARM-Projekt: Intelligente Photovoltaikspeicher für das Einfamilienhaus
4.2 Sektorenkopplung mit KWK, Wärmespeicher und Power to heat
4.3 Diskussion
5 Inputsammlung BAG-Tagung „Ländliche Räume“; Diskussion
6 Diskussion über laufende Sondierungen
6.1 Input Ingrid Nestle
6.2 Input Jutta Paulus
6.3 Diskussion
7 Speicher/H2 für die Energiewende
7.1 Vortrag
7.2 Diskussion
8 Energiepolitik in Europa – Polen
9 Beschluss der BAG Energie zu den Sondierungsgesprächen
10 Länderberichte
11 Follow-up
12 Termine
13 Beschluss der Bundesarbeitsgemeinschaft Energie
14 Vorträge von ReferentInnen
1 Exkursion: H2-Mobility
Vortrag über die mögliche Rolle von Wasserstoff in der Mobilität und Vorstellung der Ausbaupläne für Wasserstofftankstellen. Der Hauptsitz von H2 Mobility befindet sich auf dem EUREF Campus in Berlin.
Siehe Präsentationen auf der Homepage; zu finden am Ende dieses Protokolls
2 BDK Antrag „GRÜNE Solar- und Wind-Offensive“
Philipp Schmagold hat einen Antrag zur BDK geschrieben und bittet um Unterstützung durch die BAG Energie. Da Philipp nicht anwesend ist und keine Textarbeit möglich ist, wird zur Abstimmung gestellt, ob der Antrag dennoch in dieser BAG-Sitzung behandelt werden soll.
Dies wurde mehrheitlich (0 Ja, 12 Nein, keine Enthaltung) abgelehnt.
3 Podiumsdiskussion CO2-Abgabe
Veranstaltet von Verein für eine nationale CO2 Abgabe e.V., GLS Bank und Unternehmensgrün e.V.
Videos zu finden unter: https://co2abgabe.de/2017/11/07/co2-preis-in-den-koalitionsvertrag/
Einleitung: Impulsvortrag von Jörg Lange, Verein für eine nationale CO2 Abgabe e.V.
Podium 1: Hermann Albers, Präsident Bundesverband WindEnergie
Thomas Jorberg, Vorstandssprecher der GLS-Bank
Stefan Kapferer, Geschäftsführer Bundesverb. Energie- u. Wasserwirtschaft e.V.
Patrick Meinhardt, Bundesverband mittelständische Wirtschaft
Moderation: Dr. Katharina Reuter, Geschäftsführerin, UnternehmensGrün e.V.
Podium 2: Christoph Hoffmann, MdB FDP
Andreas Kuhlmann, Deutsche Energie Agentur GmbH
Jutta Paulus, Bündnis 90/Die Grünen, Sprecherin BAG Energie
Moderation: Jörg Lange, Vorstand CO2 Abgabe e.V.
Noch immer wird in fossile Kraftwerke investiert, weil kein hinreichendes Preissignal für klimaschädliche Emissionen existiert. Umgekehrt sind die Renditen im Bereich Erneuerbare Energien für Kapitalanleger unattraktiv.
In der Diskussion wurde deutlich, dass eine gesamteuropäische Lösung zwar wünschenswert, aber bis auf Weiteres unrealistisch ist. Hinsichtlich der Sinnhaftigkeit nationaler CO2-Preise (wie beispielsweise in Großbritannien, Frankreich oder Schweden) oder der Einbindung weiterer Sektoren (Verkehr, Heizwärme) gingen die Meinungen auseinander; Einigkeit herrschte bezüglich der Ablehnung der Stromsteuer in der heutigen Form.
Ein marktwirtschaftlicher Ansatz wie die CO2-Abgabe wurde von einigen der Diskutierenden als alleinige Stellschraube für die Dekarbonisierung gewünscht. Dies wurde von anderen abgelehnt, da sowohl Fehlanreize (Reboundeffekt bei Verwendung CO2-armer Energieträger) als auch mangelnde Effektivität (bspw. fehlende Standards für die Gebäudesanierung) die Folge sein könnten.
4 Klimaschutz und Sektorkopplung
Vorträge von Ingo Sigert (N-ERGIE AG)
Siehe auch Präsentation, zu finden unter:
https://www.bag-energie.de/cms/kurzprotokoll-der-sitzung-3-2017-bag-energie/
Die N-ERGIE AG (www.n-ergie.de) ist ein großer kommunaler Versorger mit langjähriger Tradition in der Energiewende.
4.1 SWARM-Projekt: Intelligente Photovoltaikspeicher für das Einfamilienhaus
Daten zu SWARM:
- 70 Systeme, zwei Modelle (N-ERGIE als Investor oder als Mieter des Systems)
- Nutzung sowohl für den Eigenverbrauch als auch für die Bereitstellung von Regelenergie
- 20 kW und 21 kWh pro Batteriesystem auf Basis von Li-Ionen-Batterien
- Gesamtsystem: Primärregelleistung 1 MW
- N-ERGIE übernimmt Abwicklung, Steuerung, Leitstellenbetrieb etc.
- keine Stromsteuer, keine EEG-Umlage fällig, jedoch Netzentgelte
- Wertschöpfung: 160 €/(kW*a) für Primärregelleistung, Tendenz zu 100 €/(kW*a).
Innovatives Projekt, welches mit mancherlei Schwierigkeiten zu kämpfen hatte. Insbesondere die Rolle der Übertragungsnetzbetreiber sollte kritisch betrachtet werden, da diese teils Anforderungen ohne energierechtliche Grundlage stellten. Innerhalb der EU besteht die Notwendigkeit zur Harmonisierung der Anforderungen für Primärregelleistung.
4.2 Sektorenkopplung mit KWK, Wärmespeicher und Power to heat
Daten zur Fernwärme in Nürnberg:
- Wärmeabgabe: 1,3 TWh
- Maximale Wärmeleistung: 900 MWth
- 90% der Wärme aus GuD-HKW: 2 Gasturbinen, 250 MWel gesamt
- 10% der Wärme durch Heizwerke inklusive eines Biomasseheizwerks
- Wärmespeicher: 94 MW; 1500 MWh; T = 113°C; 2-Zonen-Technologie; Höhe 72 m; Durchmesser 26 m
- Elektrodenkessel: 2*25 MW
- 5000 Gebäude werden versorgt
Dank des Wärmespeichers kann das GuD-Kraftwerk stromgeführt laufen. Aufgrund des Umlagen-Irrsinns muss der zusätzlich vorhandene Elektrodenkessel aus dem GuD-Kraftwerk versorgt werden.
4.3 Diskussion
Rückfragen zu den vorgestellten Modellen; kontroverse Debatte über die im Vortrag aufgeworfenen Thesen sowie über Residuallast, Dunkelflaute und verschiedene Speichertechnologien.
5 Inputsammlung BAG-Tagung „Ländliche Räume“; Diskussion
Die Tagung mehrerer BAGen zum Thema „Ländliche Räume“, teilnehmende BAGen Energie, Landwirtschaft, Verkehr, findet am ersten Novemberwochenende statt. Der Input der BAG Energie wurde in Kleingruppen erarbeitet und kann auf Anfrage zugesandt werden.
6 Diskussion über laufende Sondierungen
GO-Antrag: stattdessen Auswertung der Wahlergebnisse machen. Mit Mehrheit abgelehnt.
6.1 Input Ingrid Nestle
- 14 Menschen von den Grünen bilden die Sondierungsgruppe, auf Länderrat gewählt
- Klima ist sehr schwierig
- verschiedene Fach- und Unterarbeitsgruppen, in die weitere Grüne eingebunden werden (Landesminister*innen, BTF, weitere Expert*innen)
- teils sehr detailreiche Verhandlungen (Zwischending Sondierung/Koalitionsverhandlung)
- FDP ahnungslos und schon deshalb gegen alles
- Sorge anderer Grüner: für „Klima“ wird alles „geopfert“
6.2 Input Jutta Paulus
- Koalitionsvertrag in jedem Fall mit Urabstimmung
- mit SPD wäre Klima/Energie nicht einfacher
- Erfahrungen mit FDP bei den Koalitionsverhandlungen in RLP ähnlich
- Sorge: Absprachen zwischen FDP und CSU/CDU gegen Grüne
- nur mit der Bereitschaft, jederzeit abzubrechen, kann gut verhandelt werden
6.3 Diskussion
- Angst ist ein schlechter Begleiter
- Wenn es nicht geht, geht es nicht!
- Flüchtlinge: kein Deal Klima versus Flüchtlinge! Klimawandel produziert Flüchtlinge.
- FDP ist keine Wirtschaftspartei, sondern eine Konzernpartei
- Möglichkeit: Koalition auf Probe, 2019 zusammen mit Europawahl neu wählen
Antrag: Beschlussvorlage verfassen, am Sonntag diskutieren und abstimmen: mit Mehrheit angenommen.
7 Speicher/H2 für die Energiewende
7.1 Vortrag
Vortrag Prof. Dr. Hanke-Rauschenbach (Uni Hannover, Inst. für elektrische Energiesysteme) siehe https://www.bag-energie.de/cms/wp-content/uploads/2017/10/171028_Uebersicht-Stromspeicher-Sektorkopplung_Hanke-Rauschenbach.pdf
Es wurden verschiedene Speichertechnologien, ihre Kenndaten und Einsatzfelder vorgestellt. Bis 95 GW Leistung Wind + PV (entspricht 20 % volatile Arbeit) sind noch keine Speicher erforderlich; mit 5 TWh Speicher erhöht sich der mögliche Anteil Wind- und Solarstrom auf 65 %. Wegen des langfristigen Bedarfs sollte der H2-Pfad trotz anfangs höherer Kosten (gegenüber Li-Ionen-Batterie etc.) früher beschritten werden.
7.2 Diskussion
Das Szenario rechnet mit der Kupferplatte, daher sind die Zahlen mit Vorsicht zu genießen: Speicher können auch den notwendigen Netzausbau verringern. Ebenso fehlt die Berücksichtigung der möglichen Nutzung der Wandlungsverluste im Wärmebereich. Auch die angenommenen Kapazitäten für H2-Kavernen sind umstritten.
In der weiteren Diskussion wurden die Aspekte Flächenkonkurrenz, Akzeptanz, Kapazitätsmärkte und Technologiepolitik gestreift.
8 Energiepolitik in Europa – Polen
Referent: Stefan Wallentin von der wpd europe GmbH.
Mehr als 80 % des polnischen Stroms stammen aus Kohlekraftwerken, die von vier Konzernen betrieben werden, an denen der Staat beteiligt ist. Der Netzbetreiber ist eine rein staatliche Gesellschaft. Die Bergmänner haben große gesellschaftliche Unterstützung und politische Macht.
Seitdem die PiS an der Regierung ist, wurden die Rahmenbedingungen für Erneuerbare drastisch verschlechtert und die Stromerzeugung zu 75 % in ein staatliches Monopol zurückgeführt. Der Einstieg in die Atomenergie ist geplant. Jedoch steigt das öffentliche Bewusstsein in Bezug auf Luftschadstoffe; Erneuerbare haben eigentlich ein gutes Image. Andererseits ist energiewirtschaftliches Autarkiedenken weit verbreitet, und die Nutzung des polnischen Netzes zur Durchleitung von ostdeutschem Windstrom (vor Installation der Phasenschieber) hat zu Problemen geführt.
9 Beschluss der BAG Energie zu den Sondierungsgesprächen
Beschlossener Text:
„Das Einhalten der nationalen und europäischen Klimaziele hat höchste Priorität in den laufenden Sondierungsgesprächen und möglichen Koalitionsverhandlungen. Die Ziele müssen mit den Pariser Klimazielen und den daraus folgenden CO2-Budgets vereinbar sein.
Zentral ist, dass verbindliche Ziele, nachschärfbare Instrumente und engmaschiges Monitoring in einem möglichen Koalitionsvertrag festgeschrieben werden.
Wichtigste Punkte für die Bundesarbeitsgemeinschaft Energie:
- Die Sonnensteuer ist eine Investitionsbremse: Sie muss abgeschafft werden, um das Investitionspotential kleiner und mittlerer Akteure freizusetzen
- Der Ausbau der Erneuerbaren Energien muss schnell beschleunigt werden (Extra-Ausschreibungsrunden), dazu gehören die Abschaffung der Deckel, die Nutzung der De-minimis Regelung und die Möglichkeit der Grünstromvermarktung.
- Der Kohleausstieg muss verbindlich mit klar definierten Instrumenten festgeschrieben werden und die schmutzigsten Kraftwerke müssen sofort abgeschaltet werden.
- Einführung einer ergiebigen, aufkommensneutralen CO2-Bepreisung, auch für Wärme und Verkehr, zunächst auf nationaler Ebene. Abbau ökologisch schädlicher Subventionen.
- Bessere Anreize für Gebäudeeffizienz; verpflichtende Effizienzziele für die Unternehmen und Kommunen
- Divestment ist die Aufnahme von Klimarisiken in die Finanzprodukte. Kein weiterer Lock-In in fossile Infrastruktur wie neue Gas-Pipelines
- Keine weitere Stromübertragung auf die AKW Emsland und Brokdorf“
Die Aufnahme einer Forderung nach „dem Ausbau emissionsarmer Kraft-Wärme-Kopplung“ wurde bei sieben Ja-Stimmen, zehn Nein-Stimmen und einer Enthaltung abgelehnt.
10 Länderberichte
Diese stehen den Delegierten zur Verfügung bzw. werden auf Anfrage zugesandt.
11 Follow-up
Einige Gedanken:
- erschreckend, dass sogar die grüne Fraktion das Klimathema nicht so hoch hält
- Zusammenarbeit mit Fraktion sollte besser werden
- BAG ist immer noch sehr stromlastig
- Referenten einladen, die unsere Ansichten nicht teilen → lebhaftere Debatte
- Hoffnung, dass etwas nach Hause genommen wird.
12 Termine
Nächste BAG-Energie-Sitzungen:
- bis 18. Februar 2018 in Kassel
- bis 17. Juni 2018 Kongress „Energiewende & Sektorkopplung“ zusammen mit zuständigen MdB und BAGen Mobilität & Verkehr und Planen, Bauen, Wohnen; Ort noch offen)
- Herbst in Abhängigkeit von der BDK
Bei der nächsten Sitzung im Februar wird das Sprechteam turnusgemäß neu gewählt, ebenso die Kooptierten. Jutta Paulus und Titus von Tengg-Kobligk haben angekündigt, nicht mehr für Ämter zur Verfügung zu stehen. Wieder antreten auf den bisherigen Positionen werden: Ekkehard Darge und Cornelia Grote-Bichoel.
13 Beschluss der Bundesarbeitsgemeinschaft Energie
Das Einhalten der nationalen und europäischen Klimaziele hat höchste Priorität in den laufenden Sondierungsgesprächen und möglichen Koalitionsverhandlungen. Die Ziele müssen mit den Pariser Klimazielen und den daraus folgenden CO2-Budgets vereinbar sein.
Zentral ist, dass verbindliche Ziele, nachschärfbare Instrumente und engmaschiges Monitoring in einem möglichen Koalitionsvertrag festgeschrieben werden.
Wichtigste Punkte für die Bundesarbeitsgemeinschaft Energie:
- Die Sonnensteuer ist eine Investitionsbremse: Sie muss abgeschafft werden, um das Investitionspotential kleiner und mittlerer Akteure freizusetzen
- Der Ausbau der Erneuerbaren Energien muss schnell beschleunigt werden (Extra-Ausschreibungsrunden), dazu gehören die Abschaffung der Deckel, die Nutzung der De-minimis Regelung und die Möglichkeit der Grünstromvermarktung.
- Der Kohleausstieg muss verbindlich mit klar definierten Instrumenten festgeschrieben werden und die schmutzigsten Kraftwerke müssen sofort abgeschaltet werden.
- Einführung einer ergiebigen, aufkommensneutralen CO2-Bepreisung, auch für Wärme und Verkehr, zunächst auf nationaler Ebene. Abbau ökologisch schädlicher Subventionen.
- Bessere Anreize für Gebäudeeffizienz; verpflichtende Effizienzziele für alle Unternehmen und Kommunen
- Divestment ist die Aufnahme der Klimarisiken in Finanzprodukte. Kein weiterer Lock-in in fossile Infrastruktur, wie neue Gas-Pipelines.
- Keine weitere Strommengenübertragung auf die AKW Emsland und Brokdorf.
Beschlossen am 29.10.2017 in Berlin.
14 Präsentationen
Präsentationen von Nikolas Iwan, Managing Director,
H2 Mobility
Einige der Bewertungen wurden kritisch diskutiert.
Vollständige Vorstellung der Infrastrukturanalyse, die Nikolas Iwan in Ausschnitten vorgetragen hatte. Diese Präsentation hatte er auf dem Electric Vehicle Symposium in Stuttgart gehalten:
Präsentation von Richard Hanke-Rauschenbach,
Leibniz Forschungszentrum Energie 2050