Fragen an die Urwahl-KandidatInnen und ihre Antworten

Wir haben die folgenden Fragen an die Urwahl-KandidatInnen auf unserer Sitzung in Husum beschlossen und die KandidatInnen in einem Brief gebeten, diese der BAG bis zum 15. Oktober zu beantworten.

Die Fragen gingen an:
Thomas Austermann, Katrin Göring-Eckardt, Patrick Held, Nico Hybbeneth, Roger Jörg Kuchenreuther, Renate Künast, Alfred Mayer, Markus Meister, Friedrich Wilhelm Merck, Claudia Roth, Hans-Jörg Schaller, Franz Spitzenberger, Jürgen Trittin, Werner Winkler , Peter Zimmer

Brief als PDF-Datei…

 Antworten: Alfred Mayer (17.09.2012), Werner Winkler (28.09.2012), Markus Meister (30.09.2012), Claudia Roth (12.10.2012), Katrin Göring-Eckardt (15.10.2012), Jürgen Trittin (15.10.2012), Renate Künast (16.10.2012), Patrick Held (20.10.2012)

Frage: Kohle ist ein Standbein der deutschen Energieversorgung, aber bis wann und wie würdest Du eine Abkehr von dieser fossilen Ressource anstreben? Welche Instrumente wären dafür nötig und möglich?

Katrin Göring-Eckardt [Bewerbung]:

In unserem Energiekonzept haben wir eine klare Zielsetzung formuliert, zu der ich stehe: 2020 sollen mehr als 40 Prozent unseres Stroms aus Erneuerbaren Energien kommen, 30 Prozent aus hocheffizienter Kraft-Wärme- Kopplung. Für den verbleibenden Rest Strom aus konventionellen Kraftwerken braucht es den von uns geforderten Mindestwirkungsgrad von 58 Prozent (bzw. 75 Prozent Jahreswirkungsgrad bei fossilen Kraftwerken mit Wärmeauskopplung). Neubauten von Kohlekraftwerken halte ich für indiskutabel. Für die bestehenden Kraftwerke muss ab 2015 der Mindestwirkungsgrad von 38 Prozent (Steinkohle) bzw. 36 Prozent (Braunkohle) gelten. Drunter geht es nicht, wenn wir unsere ambitionierten, aber realistischen CO2-Einsparziele erreichen wollen.

Eine nicht zu unterschätzende Bedingung für den schnellen Ausstieg aus der Kohle und gegen den Neubau von Kohlekraftwerken sind übrigens auch starke GRÜNE in einer rot-grünen Koalition, die den Genossinnen und Genossen wenn nötig auch an der einen oder anderen Stelle nochmal klarmachen, dass „Glück auf, der Steiger kommt“ nicht der Soundtrack für die Energiepolitik des 21. Jahrhunderts ist.

Patrick Held [Bewerbung]:

Damit Kohle an Gewicht verliert müssen wir das Monopol der großen Energieerzeuger brechen (So
schnell wie möglich, Abkehr bis 2025). Wir Grünen müssten in der Regierung hart und effizient
unsere Vorschläge umsetzen. Damit die erneuerbaren Energien endlich gegenüber klimaschädlicher
Kohlkraft ihr ganzes Potenzial entwickeln, muss dass Netzausbaubeschleunigungsgesetzt schnell
umgesetzt werden. Gleichzeitig muss dies transparent und mit besserem Stakeholder-Mangagment
geschehen um die Akzeptanz der Bevölkerung zu stärken. Wir müssen dafür kämpfen, dass der
Netzausbauplan nicht mehr auf die Grundlast der Kohle ausgelegt ist und das die Lastflutdaten für
jeden Bundesbürger einsehbar sind, sodass wir deren Feedback und Ideen beim Ausbau
berücksichtigen können. Darüber ist Kohle nur noch „wirtschaftlich“, weil die Externalität des
Klimawandels nicht richtig eingepreist ist. Wir müssen uns dafür vehement einsetzten, dass der
internationale Zertifikatehandel endlich anläuft und der CO2-Preis ein Niveau erreicht, dass die
Energieunternehmen zu wahrer Innovation antreibt und Kohle unrentable macht.

Renate Künast [Bewerbung]:

Eines steht fest: Kohlekraftwerke sind nicht Teil der Energiewende. Ein Bundesumweltminister, der den Ausbau der Erneuerbaren Energien im Strombereich bis 2020 neuerdings auf 40% begrenzen will, sagt vor allem eines: 60% der deutschen Stromversorgung soll möglichst lange den alten fossilen Strukturen vorbehalten, Marktmacht und Profitinteressen der großen Energieversorgungsunternehmen gewahrt bleiben. Mit dem (subventionierten) Neubau von Kohlekraftwerken setzt die schwarz-gelbe Bundesregierung zugleich auf die klimaschädlichste Art der Stromerzeugung. Das ist nicht nur absurd, sondern geradezu ignorant!

Unsere grüne Position ist klar: bis 2030 wollen wir die Stromerzeugung zu 100 Prozent auf Erneuerbare Energien umstellen. Es kommt auf uns an, den Neubau von Kohlekraftwerken zu verhindern und den Ausstieg aus der Kohleverstromung zu organisieren. Die Wege dorthin können unterschiedlich sein und werden auch kontrovers diskutiert. Bislang sprechen wir uns dafür aus, neue Kraftwerksgenehmigungen an ambitionierte Effizienzvorgaben zu koppeln, so dass nur noch effiziente und flexible Gaskraftwerke für eine Übergangszeit gebaut werden können. Für bestehende Kraftwerke wollen wir ebenfalls strenge Mindestwirkungsgrade vorschreiben.

Dieser Weg über das Umweltrecht hat zum heutigen Zeitpunkt den Vorteil, eine heftige Kontroverse um ein Kohleausstiegsgesetz zu umgehen. Das jahrelange Gezerre um den Atomausstieg und die noch anstehenden Auseinandersetzungen um Entschädigungen für Kraftwerkseigner legen nahe, dass elegantere Wege über das Ordnungsrecht schneller zum Ziel führen könnten. Natürlich müssen wir Grünen auch darauf setzen, dass durch einen wirksamen Emissionshandel Kohlekraft schneller unrentabel wird.

Alfred Mayer [Bewerbung]:

Elektrischer Strom gehört mit einer so hohen Steuer belegt, daß Photovoltaik und Windräder bis zur Kapazitätsgrenze finanziert werden können und die Speichertechnik so rasch wie möglich in die Massenfertigung gehen kann und andererseits Strom nicht mehr sinnlos verbraucht wird. Bezeher geringer Einkommne sollen zum ausgleich einen Stromzuschuß bekommen.

Die Ausnahmen für die Umlagen nach dem EEG für die stromfressende Industrie etc müssen gestrichen werden. Ebenso müssen die Subventionen für den Flugverkehr und die Flugzeugproduktion beseitigt werden.

Markus Meister [Bewerbung]:

Ich bin der Meinung, dass möglichst schnell ein Ausstieg aus der Kohle-Energieversorgung erreicht werden sollte.

Ein unkontrollierter und teurer Ausbau der Alternativ-Versorgung durch Bio-Gas und Fotovoltaik, wie in derzeitiger Form, sollte auch nicht so weiter geführt werden. Zum Einen fällt es mir schwer zu akzeptieren, dass in den Industrieländern Mais, der für mich ein lebenswichtiges Nahrungsmittel darstellt, einfach so durch den Schornstein „gejagt“ wird und zum Anderen scheint die „Politik“ mit den derzeitigen Varianten und den damit erzielten Renditen eine ungesunde Geschäftemacherei zu fördern.

Die Förderung für diese Bereiche sollten künftig nicht preis- sondern renditeabhängig gewährt werden. Höchstrenditen von 5 bis 7 % sollten für jeden seriösen Investor ausreichend sein.

Da für mich die Energieeinsparung die effektivste Art des Umweltschutzes im Energiebereich darstellt, müssten hier Verschärfung in der Gesetzgebung und Verbesserung in der Förderung mit einer sozialen Komponente forciert werden. Sicherlich gibt es weitere Einsparpotenziale, welche wir gemeinsam erarbeiten und deren Durchführung anstreben bzw. durchsetzen sollten.

Claudia Roth  [Bewerbung]:

Das Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung warnt vor den Kosten des Klimawandels, die ökonomisch folgenreicher sein werden als die der Eurokrise.  Amerikanische Forscher sprechen von einem „monströsen“ Anstieg der CO2-Emissionen im Jahr 2010, das Eis auf dem Arktischen Ozean ist auf dem geringsten Stand seit Beginn der Satellitenbeobachtung 1979 und schon heute sind die Folgen des Klimawandels für Millionen Menschen auf der ganzen Welt verheerend. Dass in dieser Situation Bundesumweltminister Peter Altmaier den Irrläuferkurs der letzten Jahre fortsetzt und das neue, größte Braunkohlekraftwerk der Welt im Rheinland, das mit einem Ausstoß von 17 Millionen Tonnen im Jahr von nun an zu den größten europäischen CO2-Schleudern Europas gehört, als „herausragenden Beitrag zum Gelingen der Energiewende“ lobt, zeigt, wie nötig ein Politikwechsel weg von Schwarz-Gelb ist.

Für mich ist klar: Wir brauchen eine konsequente ökologische Energiewende, nicht nur ohne Atomkraft, sondern auch ohne Kohleverstromung. Denn Kohlekraftwerke sind klimapolitisch unverantwortbar – ihre Rehabilitierung durch risikoreiche Technologien wie CCS übrigens ebenso – und dazu noch ineffizient. Sie sind mit der ökologisch notwendigen Modernisierung hin zu 100% Erneuerbare Energien unvereinbar, weil sie nicht flexibel auf Schwankungen bei der Stromerzeugung reagieren können und überkommene Erzeugerstrukturen zementieren. Dazu kommt noch, dass beim Abbau die Zerstörung ganzer Landstriche in Deutschland in Kauf genommen wird, weitestgehend ohne Beteiligung der Unternehmen an den Folge- und Ewigkeitskosten. Auch werden die höchst bedenkliche Folgen für Mensch und Umwelt bei der Steinkohleförderung in Ländern, die an Deutschland exportieren, stillschweigend hingenommen.

Aus alldem kann und darf es nur eine Konsequenz geben: Kohle darf in Deutschland keine Zukunft haben. Und das heißt, neue Kohlekraftwerke dürfen nicht mehr zugelassen werden, bereits zugelassene Kraftwerksprojekte müssen kritisch überprüft und alle sich bereits am Netz befindlichen aus dem Stromsektor verdrängt werden. Ob wir die Kohlekraftwerke durch die Festsetzung von hohen CO2-Grenzwerten zurückdrängen oder mit gesetzlich vorgeschriebenen Mindestwirkungsgraden über ihre Ineffizienz, ist für mich nicht entscheidend. Zentral ist, dass wir einen europarechtlich möglichen Weg finden, neuen Kohlekraftwerken endlich einen gesetzlichen Riegel vorzuschieben, alte Kraftwerke zur Aufgabe zu zwingen und damit in Deutschland so schnell wie möglich alle CO2-Schleudern abzuschalten. 2030 wird die Stromversorgung in Deutschland zu 100 Prozent aus Erneuerbaren Energien erfolgen können. Nach dem Atomausstieg brauchen wir bis spätestens 2030 den Kohleausstieg!

Jürgen Trittin [Bewerbung]:

Den Grundstein für die Abkehr von dieser Technologie haben wir mit dem Ausbau der Erneuerbaren Energien gelegt. Wir wollen 100% Erneunbaren Strom, Wärme, Mobilität. Bereits mit dem heute erreichten Anteil von 25% der Jahresstromerzeugung senken die Erneuerbaren die Auslastung von Kohlekraftwerken dramatisch. Durch den ambitionierten weiteren Ausbau wird der Neubau von Kohlekraftwerken zunehmend unrentabel. Für neue fossile Kraftwerke muss zudem ein Mindestwirkungsgrad nach dem Stand der Technik gelten. Neue Kohlekraftwerke
wären dem nach nicht mehr genehmigungsfähig. Wir müssen verhindern, dass die Kohleparteien darauf nun mit neuen Subventionen reagieren. Instrumente wie Kapazitätsmärkte und nicht Erhaltungsprämien für Kohlekraftwerke sind das Gebot der Energiewende.

Werner Winkler [Bewerbung]:

Zur „Stellenbeschreibung“ des Spitzen-Duos gehört es, die Anliegen der Partei – und nicht die eigenen Ideen – in die Öffentlichkeit zu tragen. Deshalb scheint mir diese Frage am Besten von euch und euren Experten zu beantworten und ich wäre im Falle meiner Wahl dankbar, zu diesen und ähnlichen Fragen nicht nur die Beschlusslage, sondern auch neue Ideen zu hören und mit euch zu diskutieren. Eine Grundregel lösungsorientierten Denkens, dem ich mich verpflichtet sehe ist, dass bei der Lösung von Problemen möglichst die Experten zu befragen sind. Darüber hinaus können gelungene Beispiele aus anderen Ländern oder auch vorbildliche Projekte im eigenen Land, die in Richtung der beschriebenen Ziele gehen, herausgestellt und als nachahmenswert kommuniziert werden.

 

Frage: Was ist notwendig, um unser Ziel 100% Erneuerbare in allen Sektoren möglichst schnell und mit breiter Zustimmung zu erreichen?

Katrin Göring-Eckardt:

Nötig sind 1. echter politischer Wille und 2. das Drehen an den richtigen Stellschrauben. Besagter echter politischer Wille fehlt der schwarz-gelben Bundesregierung, die zwar um den gesellschaftlichen Konsens des Atomausstieges nicht herumgekommen ist, jetzt aber durch Arbeitsverweigerung versucht, Sachzwänge für den Bau von Kohlekraftwerken oder gar doch für eine klitzekleine Laufzeitdochwiederverlängerung durch die Hintertür zu generieren, was zumindest in punkto Kohlekraftwerke auch dem einen oder anderen Sozialdemokraten ganz gut zu gefallen scheint. Zu den Stellschrauben: Der Umstieg auf 100 Erneuerbare Energien erfordert neben vielem anderen auch ein deutlich strukturierteres Herangehen und eine konsequentere Umsetzung. Das wird, wenn es um Netzausbau oder neue Speicherkraftwerke geht, nicht gegen, sondern nur mit den Leuten vor Ort gemeinsam funktionieren. Dafür brauchen wir im Planungsrecht bessere und niedrigschwelligere Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung. Außerdem müssen wir ehrlich sein, wenn der eine oder andere gut gemeinte Versuch im großen Labor der Energiewende auch nicht das gewünschte Ergebnis gebracht hat: Wo die Nutzung von Biomasse zur Vermaisung der Landschaft und zu Agro-Agrarindustrie führt, dürfen wir das nicht kleinreden, sondern müssen uns diesem Problem stellen und Nachbessern, um die gesellschaftliche Akzeptanz des Projektes Energiewende nicht unnötig zu gefährden. Außerdem müssen wir die soziale Dimension der Energiewende im Auge behalten. Es kann nicht sein, dass die Ausnahmen bei der EEG-Umlage für (vermeintlich) energieintensive Unternehmen ins Unermessliche steigen, und diese Privilegien von Privathaushalten, also von der Oma von nebenan und von der jungen Familie, mitbezahlt werden müssen.

Patrick Held:

Mein Wünsch wären ambitionierte Ziele in allen Branchen. Dafür wäre neben der Energiewende ein komplettes und radikales Umdenken in unserer Arbeits- und Lebenswelt notwendig. Es müssten positive Anreize (Neugestaltung der Pendlerpauschale, Absetzbarkeit d. HomeOffice ….) dafür geschaffen werden, um die Chancen und Möglichkeiten der digitalen Welt stärker zu nutzen und damit den Pendelwahnsinn ein Ende zu setzen. Wir alle müssen zeiteffizient und rohstofffrei Dienstleistungen erzeugen können.

Erkennen die Menschen die finanziellen Vorteile und die Steigerung der Lebensqualität werden sie dies mittragen. Ich würde ihnen die gerne vermitteln. Auch in der Verbrauchstransparenz sehe ich große Einsparpotenziale. Wenn die Menschen leichter erkennen, wo sie Energie verbrauchen und wie ihr eigener Verbrauch zu dem anderen Menschen mit ähnlichen Lebensverhältnissen steht kann dies positive Effekte auf den Gesamtverbrauch haben (ein Idee dazu hatte ich hier ausgearbeitet). Darüber hinaus sehe ich immenses Potenzial in Smart-Grids und Smart-Meter, sodass die Menschen Geräte wie Waschmaschine, Trockner etc. nach dem ökonomischen und ökologischen Maximum ausrichten können. Würden auch alte Geräte im großen Stil mit dieser Technik nachgerüstet könnte auch Netzausbau vermieden werden. Das können nur wie Grünen, denn nur uns ist bei der Verteidigung des Datenschutzes und Privatsphäre zu trauen. Stromnachfrage kann sich in Zeiten des Internets dem Angebot anpassen, dies ist eine gigantische Chance und die Politik muss dies deutlich machen und unterstützten.

Renate Künast:

Diese Antwort erfordert eigentlich ein ganzes Buch – deswegen hier die jetzt entscheidenden Punkte.

Erstens brauchen wir eine viel breitere Debatte um Klimaschutz und große Transformation. Die Art und Weise, wie die schwarz-gelbe Regierung derzeit die Energiewende zerredet und blockiert, ist davon so ziemlich das genaue Gegenteil. Ich will die politische Auseinandersetzung über die Frage, wie wir wirtschaften, uns ernähren, uns fortbewegen und wohnen weiter zuspitzen.

Zweitens: wir müssen jetzt die vielen kleinen Kippschalter betätigen. Das beginnt etwa bei der Energieeinsparverordnung im Gebäudebereich oder bei einer ökologischen Ausrichtung der Kfz-Steuer und der Förderung von Elektromobilität, und reicht bis zu neuen Schwerpunkten bei der Energieforschung, z.B. für mehr Stromspeicher. Wir Grünen müssen dabei immer betonen, dass hinter Erneuerbaren und Effizienz viele neue Jobs stecken.

Und drittens: Öko und Soziales zusammendenken – das ist eine unserer Stärken und muss es bleiben. Eine zentrale Stellschraube ist der Kampf um die gerechte Verteilung der Energie- und der Infrastrukturkosten. Der grüne Energiesparfonds, den wir mit dem Abbau ökologisch schädlicher Subventionen finanzieren wollen, ist ein gutes Instrument, um die Energiewende zu beschleunigen und die Zustimmung zu stärken. Wir müssen aber ebenso ran ans Mietrecht, um die Kosten der Gebäudesanierung fair zu verteilen. Ich will auch eine bessere öffentliche Mobilität, auf die sich Bürgerinnen und Bürger verlassen können und die bezahlbar bleibt.

Alfred Mayer:

Hausdächer ohne Solaranlagen oder Dachbegrünung sollen besteuert werden. Stromerzeugung aus extra dafür erzeugter Biomasse wird hoch besteuert. Zum Ausgleich werden PV-Freiflächenanlagen gefördert, weil sie die 50fache Effizienz gegenüber Biogas haben.

Die breite Zustimmung muß durch klare Worte darüber erreicht werden, was uns droht, wenn nicht sofort gehandelt wird. Aussagen, Strom und Benzin müßten bezahlbar bleiben müssen die Grünen ersetzen durch die Aussage, Schädliches besteuern, Notwendiges fördern.

Markus Meister:

Unser Ziel 100% erneuerbare Energie durchzusetzen erreichen wir nur, wenn wir selbst und somit glaubwürdig mit guten Beispiel voran gehen und nicht bei Investitionen zur Einsparungen von Energie, wie heute leider üblich, unser Augenmerk auf Gewinnmaximierung richten.

Auch hier sollte eine soziale Komponente eine große Rolle spielen. Nicht Geld, sondern konkrete Hilfe wird hier zum Erreichen unseres Ziels notwendig sein. Z. B. würde ich es in einzelnen Fällen für sinnvoll halten, nicht hohe Stromrechnungen zu subventionieren, sondern den Betroffenen eher ein energieeffizientes Gerät wie z. B. ein Kühlschrank zur Verfügung zu stellen.

Claudia Roth:

Notwendig ist dafür zunächst und unbedingt eine Bundesregierung, die erkannt hat, dass die ökologische Modernisierung die zentrale Herausforderung der kommenden Jahrzehnte ist, die mit Herzblut hinter dem Ziel der hundertprozentigen Versorgung mit Erneuerbaren Energien steht, im Inland wie im Ausland mit der gleichen Stimme spricht und zu mutigen und entschlossenen Weichenstellungen bereit ist. Und wir bräuchten dafür einen Bundesumweltminister, dessen Ziel nicht weniger, sondern mehr Erneuerbare Energien sind, der weiß, dass die Energiewende nur gemeinsam, Hand in Hand mit den Menschen in diesem Land zum Erfolg gebracht werden kann und der mit Überzeugung für das Gelingen dieser Herkulesaufgabe kämpft. Und drittens braucht es ein schlüssiges Energiekonzept, in dem die notwendigen Maßnahmen aufeinander abgestimmt und für alle Wirtschafts- und Gesellschaftsbereiche durchbuchstabiert werden. Konkret heißt das vor allem: Koordinierter Ausbau der Erneuerbaren Energien, bürgerfreundlicher und naturverträglicher Ausbau der Stromnetze, Aufbau von Speichertechnologien, Energieeinsparungs- und Effizienzoffensive, Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung und Schaffung von Kapazitätsmärkten, Ausrichtung der Energie- und Strommärkte auf die Erneuerbaren Energien, schnellstmöglicher Ausstieg aus dem Klimakiller Kohle und ein bundesweites Klimaschutzgesetz mit verbindlichen CO2-Reduktionszielen von 40 Prozent bis 2020, 60 Prozent bis 2030 und 95 Prozent bis 2050 sowie festgelegten Zielen für den Verkehr-, Wärme und Strombereich.

Wir wollen die Energiewende nicht von oben aufstülpen, sondern gemeinsam mit der Bevölkerung, den gesellschaftlichen Gruppen, Verbänden, handwerklichen Betrieben und Kommunen stemmen, die Herausbildung von kleinen und dezentralen Erneuerbaren Energieversorgern im ganzen Land fördern und so die Erfolgsgeschichte der Erneuerbaren Energien, die Schwarz-Gelb gerade zunichte macht, fortschreiben. Und weil unser Ziel die sozial-ökologische Transformation ist, wollen wir für faire Preise sorgen und das heißt: Schluss mit der ausufernden Ausnahmen bei der EEG-Umlage und bei den Kosten des Netzausbaus zulasten von PrivatverbraucherInnen und Mittelstand. Was wir stattdessen brauchen, ist die Einführung eines Mechanismus zur effektiven Kontrolle der Preisbildung. Und auch ein sozialer Ausgleich muss geschaffen werden, z.B. mit einem 3 Mrd. Euro ausgestatteten Energiesparfonds, mit dem einkommensschwache Haushalte unterstützt werden bei energetischen Sanierungsmaßnahmen, Stromspar-Beratungen, Heizungsaustausch sowie der Anschaffung neuer, effizienter Haushaltsgeräte.

Jürgen Trittin:

Wir brauchen dazu einen ambitionierten Ausbau der Erneuerbaren Energien inklusive auch Offshore-Windstrom und Biomassenutzung. Eine Deckelung des preiswerten On-Shore-Winstroms lehnen wir ab. Wir werden alle nachhaltig nutzbaren Erneuerbaren Energien benötigen um Strom, Wärme und Mobilität zu sichern.

Wir müssen aber gerade auch beim Energiesparen und der Energieeffizienz endlich Fortschritte machen. Dazu muss z.B. der Energiebedarf in Gebäuden für Wärme und Kälte deutlich reduziert werden. Aber auch die Einführung von effizienten  Elektromotoren in der Industrie oder durch neue Verfahren zur Stahl oder Zementherstellung sind enorme Effizienzpotentiale zu heben.

Werner Winkler:

hat Frage 1 und 2 zusammen beantwortet, daher siehe oben.

Frage: In der Presse wird ökologisches Verhalten gerne mit Aussagen wie „wählen Grün und kaufen nur Bio, fahren aber mit dem SUV vor und fliegen im Urlaub auf die Malediven“ diskreditiert. Wie könntest Du ein prominentes Vorbild für einen nachhaltigen Lebensstil sein?

Katrin Göring-Eckardt:

Vorbild bin ich in dieser Hinsicht gern, weil ich versuche, so zu leben, dass ich als GRÜNE glaubwürdig bin, ohne, dass mein Leben jetzt entbehrungsreich wäre oder steinzeitlich. Ich fahre meistens Bahn, obwohl ich den sparsamsten Dienstwagen im Bundestags-Fuhrpark habe. Fleisch auf den Tisch? Ja, aber nicht jeden Tag, sondern maximal Sonntags, war bei meiner geliebten Großmutter auch nicht anders, dafür dann Bio und aus der Region. Ganz grundsätzlich plädiere ich für eine „Kultur des Weniger“, weil ich glaube, dass die Fokussierung auf Wirtschaftswachstum anhand des Bruttoinlandsproduktes nicht mehr zeitgemäß ist, um die Entwicklung unseres gesellschaftlichen Wohlstands zu messen. Allerdings darf das keine Eliteveranstaltung sein. Die Entkoppelung von Ressourcenverbrauch und gesellschaftlichem Fortschritt ist für mich eine der großen Fragen unserer Zeit.

Prominentes Vorbild? Na ja, da sind mir viele unprominente Leute, die bei ihren Nachbarn, ihrer Tante, im Kirchenkreis oder im Fußballverein für einen nachhaltigen Lebensstil werben, wichtiger. Und übrigens: Urlaub in der Uckermark („Toskana des Ostens“) oder auf dem Darß kann ich nur empfehlen. Hier und da ist da sogar ein so schwaches Handynetz, dass man im wahrsten Sinne des Wortes abschaltet.

Patrick Held:

Es klingt vielleicht gewagt, aber ich kann nun mit einiger Zuversicht sagen, dass es niemanden bei der Urwahl gibt, der versucht konsistenter zu den Werten der Nachhaltigkeit zu leben als ich (Siehe dazu auch mein Reducer-Konzept). Ich bin kein Moralapostel, habe auch nichts gegen Spaß und Luxus, doch ich habe etwas dagegen wenn beides auf dem Elend andere Menschen heute und in der Zukunft fußt. So habe ich mir vorgenommen als MdB sämtliche Klimaschulden meines Lebens inflationsneutral über Atmosfair zurückzuzahlen. Auch im Moment gleiche ich sämtliche Emissionen nach bestem Wissensstand aus und gebe dies in meinen monatlichen Rechenschaftsberichten an. Ich trinke fast immer Leitungswasser, nutze nur den ÖPNV um zu Veranstaltungen zu
gelangen (kein Taxi) und meide Hotels (Erlauben meine Mittel auch nicht. Auch bei den letzten 4 BDKs habe ich immer in der Turnhalle übernachtet, obwohl der KV ein Zimmer bezahlt hätte). Ich versuche die CO2-Produktion meiner Infrastruktur (Laptop, Handy ….) zu erfassen und auszugleichen. Ich messe in Echtzeit den gesamten Stromverbrauchs meines Büros (WG-Zimmers) und ich bin immer offen für Vorschläge zur Verbesserung um noch konsistenter zu den Werten zu leben, die notwendig sind um das glückliche Leben der Menschheit auf diesem Planeten zu sichern. Natürlich kann nicht jeder so leben wie ich, aber viele Menschen könnten viel mehr schaffen und ich würde gerne zeigen – und zeige dies auch bei dieser Urwahl – wie viel man selbst mit wenigen Mitteln und kleiner Infrastruktur bewegen kann. Ich glaube an die Macht die Individuums und an unsere Fähigkeit etwas für die Nachhaltigkeit zu bewegen.

Renate Künast:

Zunächst: angesichts des Zustands unserer Welt halte ich die Debatte um nachhaltige Lebensstile für wichtig und notwendig. Wir als Grüne müssen weiter dafür kämpfen, dass Verbraucherinnen und Verbraucher die nötigen Informationen erhalten, um Kaufentscheidungen bewusster treffen zu können. Zum oben genannten Beispiel SUV: Die Effizienzklassen für Neuwagen sind ein klarer Fall von schwarz-gelber Verbraucherverwirrung – schwere Benzinschlucker bekommen hier schnell ein grünes Mäntelchen um. Das darf nicht so bleiben!

Ich selbst lasse keine Gelegenheit aus, um dafür zu werben, biologische, regionale und saisonale Lebensmittel zu kaufen und den Fleischkonsum zu reduzieren. Meine Erfahrung ist: weniger den Leuten etwas schlechtreden, dafür umso mehr das Gute anpreisen und Neugier erzeugen, zum Beispiel auf alte Gemüsesorten oder Tierrassen. Ich weiß, dass ich beim Einkaufen beobachtet werde. Deshalb agiere ich stets nach dem Motto: „Erhalten durch Aufessen!

Alfred Mayer:

Ich fahre mit dem Fahrrad oder ÖPNV oder Bahn und fliege nie. Meinen Urlaub verbringe ich im Land bei meinen Photovoltaikanlagen in den Neuen Bundesländern. Ich habe ein Auto. Benutze es aber nur für Transporte und in Bereichen ohne Öffentlichen Verkehr.

Markus Meister:

Auch ich habe manchmal das Gefühl, dass unsere Spitzenpolitiker sich an der einen oder andere Annehmlichkeit erfreuen. Ein Abgeordneter der Grünen hat es sicherlich nicht nötig für sich ein Statussymbol in Anspruch zu nehmen. Durch einen A 8 oder gleichwertiges Dienstfahrzeug erreicht man sicher keine bessere Politik und wirkt auch darüber hinaus unglaubwürdig.

Bioprodukte einzukaufen ist sicherlich kein Makel, allerdings ist nicht alles Bio auf dem Bio drauf steht. Eine Autofahrt mit einem SUV zum Biomarkt ist nicht nur lächerlich und peinlich sondern macht die Biofahrt zur Farce. Aber das wissen hoffentlich alle Grünen und sollte in der Realität auch nicht vorkommen.

Ich habe mehr als zwei Jahre in Berlin gelebt und habe gerne auf einen PKW verzichtet. Für die Heimfahrten nach Kassel habe ich grundsätzlich die Bahn genutzt oder Mitfahrgelegenheiten wahrgenommen. Als Einschränkung habe ich dies nicht empfunden.

Ich finde es schlimm, mit welcher Gleichgültigkeit und für wenig Geld Vergnügungsreisen und Kurztrips per Flugzeug heute noch unternommen werden. Wer bis heute noch nicht begreifen will, welchen Schaden unserem Planeten mit solchen Reisen an Luftverschmutzungen und unnötigen Verbrauch von wertvollen Ressourcen angetan wird, der sollte ordentlich zur Kasse gebeten werden. Deshalb plädiere ich für eine adäquate Versteuerung des Flugbenzins.

 

Claudia Roth:

Es gibt ja noch einen zweiten, gewissermaßen komplementären Vorwurf, der AnhängerInnen des ökologischen Lebensstils gemacht wird: Sie seien prinzipiell asketisch und lustfeindlich. Ich finde, wir sollten uns in eine so konstruierte „Zwickmühle“ nicht hinein drängen lassen und stattdessen zeigen, dass „Bio“ und „Öko“ weder bloß „Verzicht“ noch „Schöner Schein“ sind, sondern etwas sehr Wichtiges und Ernsthaftes, das nebenbei auch noch Spaß machen kann. Deshalb werbe ich für Nachhaltigkeit und einen verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen – im persönlichen Leben ebenso wie im öffentlichen Engagement. Und versuche das, was ich persönlich praktiziere, auch in das öffentliche Engagement hineinzutragen. Zum Beispiel als Beauftragte für Umwelt- und Klimaschutz in der Nachhaltigkeitskommission des DFB. Dort habe ich mich dafür eingesetzt, dass die Frauen-Fußball-WM 2011 klimafair organisiert wird, mit entsprechenden Verkehrskonzepten und der Vermeidung bzw. der Kompensation des CO2-Ausstosses. Wir haben an viele Details gedacht, z.B. an das Wassermanagement bei den Stadiontoiletten, wo es eine ziemliche Verschwendung gab. Und ein bisschen stolz bin ich darauf, dass ich den Beweis erbringen konnte, dass Biobratwürste und Fußball zusammengehen. Mit dem aktuellen DFB-Umweltcup bleiben wir am Ball und werben bei den Tausenden kleinen und größeren Fußballvereinen in Deutschland für Nachhaltigkeit durch den Einsatz z.B. von Regenwasserzisternen, Energiesparlampen, Ökostrom, Mehrweggeschirr, Renaturieren des Vereinsgeländes, regionale und Bio-Lebensmittel, klimafaire Fahrten zu Training und Auswärtsspielen und vielem mehr. Ich glaube, mit solchen Aktivitäten können wir das, was wir persönlich für richtig und wichtig halten, beispielhaft einbringen in Bereiche, in denen wir Millionen Menschen erreichen.

Jürgen Trittin:

Dieser Vorwurf war schon immer so populistisch wie unwahr. Sicherlich gibt es bei den GrünenWählern Menschenmit großem ökologischen Fußabdruck und solchemit kleinem und dies ist auch nicht immer zu beeinflussen. Ich bin auch der Auffassung, dass jeder selbst dafür verantwortlich sein muss, wie nachhaltig
sein Lebensstil ist.

Allerdings dürfen die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen auch keinen Anreiz für Fehlverhalten bieten. Deshalb muss das Steuerprivileg für Spritfresser abgeschmolzen werden, deshalb müssen ökologisch schädliche Subventionen abgebaut werden. Hier liegt die Verantwortung von gewählten Abgeordneten – weniger in Fragen des eigenen Lebensstils.

Ich selbst nutze zwar so oft es geht die Bahn oder das Fahrrad, habe keinen Führerschein und nutze sowohl privat wie mit meinemWahlkreisbüro einen Ökostromanbieter, wohne in einer energetisch gedämmten Wohnung. Aber natürlich verhalte auch ich mich nicht immer nachhaltig – dazu muss ich schon alleine
dienstlich viel zu viel fliegen oder das Auto nutzen.

Werner Winkler:

Ich habe zwar bisher weder meinen ökologischen Fußabdruck noch mein CO2-Konto berechnet, denke aber, dass ich als Veganer (seit 1989) mit einem kleinen Auto (Verbrauch um die 4 Liter/100km), einem viel genutzten Fahrrad und drei Holzöfen in Wohnung und Büro einigermaßen gut wegkommen müsste. In den Urlaub fliege ich seit Jahren nicht mehr, möchte das aber künftig nicht ausschließen, sondern verbringe meine freie Zeit lieber in meinem ziemlich naturnahen Garten, in den ich euch gerne einmal zu einer veganen Grillparty einlade, falls ich den Weg nach Stuttgart auf euch nehmen möchtet. Außerdem habe ich keine Kinder in die Welt gesetzt, was aus meiner Sicht mit der stärkste Beitrag zum Erhalt eines bewohnbaren Ökosystem ist.

Ein Kommentar

  1. Auf die Frage: „Wie könntest du ein prominentes Vorbild für einen nachhaltigen Lebensstiel sein?“ Die Antwort von Werner Winkler.
    Es ist gut, dass jemand mit der Ansicht, „keine Kinder in die Welt gesetzt zu haben, sei der stärkste Beitrag zum Erhalt eines bewohnbaren Ökosystems“, so es stimmt, keine Kinder in die Welt gesetzt hat. Wer weiß, was daraus dann geworden wäre. Diese Ansicht hat mich sehr, sehr schockiert. Sie ist eine Diskriminierung gegenüber Kindern und zukünftigen Generationen. Wer so denkt, hat das Leben nicht verstanden und hat noch nie die Lebensbereichernde Erfahrung von Kindern gemacht.

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