Beschluss der BAG am 3.4.2011, mit großer Mehrheit:
Die Atomkraftwerks-Katastrophe in Fukushima zeigt, dass Atomkraftwerke technisch nicht beherrschbar sind. Aus diesem Grund fordert die BAG-Energie die unverzügliche Stilllegung aller Atomkraftwerke in Deutschland noch in dieser Legislaturperiode, wie es eine breite und wachsende Mehrheit in der Gesellschaft fordert. Sollte dies nicht erfolgen, fordern wir die schnellstmögliche Stilllegung aller am Netz verbliebenen deutschen Atomkraftwerke spätestens innerhalb von 18 Monaten bei einer grünen Regierungsbeteiligung.
Gleichzeitig werden wir durch größtmögliche Energie-Einsparungen, Effizienzsteigerung und den beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren Energien, von benötigten Speichern sowie intelligenten Netzen die sichere und klimafreundliche Energie-Versorgung in Deutschland gewährleisten. Dafür fordern wir umgehend die notwendigen gesetzlichen Grundlagen zu schaffen.
Begründung:
Es kann kein Zurück zum alten Ausstiegsbeschluss der ehemaligen Bundesregierung geben.
Das bisher geltende Energiekonzept der jetzigen Bundesregierung reduzierte zugunsten der Laufzeitverlängerung den Ausbau der Erneuerbare Energien Sonne und Wind um bis zu 80% gegenüber den Vorjahren. Wir wollen den Ausbau der Erneuerbaren Energien wieder beschleunigen und können so die heute noch von den restlichen Atomkraftwerken gelieferten Strommengen 2015 vollständig ersetzen. Die Energiemengen aus den im Moratorium stillgelegten Atomkraftwerken haben wir bereits in den vergangenen zehn Jahren durch Erneuerbare Energien-Einspeisung im Rahmen des Erneuerbare Energien -Gesetzes ersetzt. Daher befanden wir uns in einer Phase der Überkapazitäten im deutschen Strommarkt und haben in den letzten Jahren bereits verstärkt Strom exportiert. Dadurch, dass der Ausbau der Erneuerbaren Energien sehr viel schneller und erfolgreicher als ursprünglich geplant voranging können wir heute den Atomausstieg in kürzerer Frist umsetzen, als im rotgrünen Ausstiegsszenario vorgesehen, ohne die Klimaziele zu gefährden.
der BAG-Beschluss als PDF-Datei…
Begleittext
Schnellstmöglicher Ausstieg aus der Atomenergie
Wir fordern die jetzige Bundesregierung zum Handeln auf und fordern von ihr, im Angesicht der Gefahren, die Atomkraftwerke schnellstmöglich – und zwar am besten noch in dieser Legislaturperiode – stillzulegen.
„Laufzeit ist Gefahrzeit“ – dieses Plakat schwebte groß über dem Parteitag von Bündnis 90 / Die Grünen im November 2010 in Freiburg. Für unsere Partei war und ist diese Gefahrenlage präsent und bestimmt unser politisches Handeln. Fukushima allerdings hat gezeigt, dass diese Gefahren sehr real sind. Aktuelle Risikoanalysen, auch des Umweltministeriums, führen auf, dass auch hier in Deutschland menschliches Versagen, Naturereignisse, technische Defekte oder auch Terroranschläge ähnliche Katastrophen wie im Hightech-Land Japan bewirken können.
Diese Tatsache mündet direkt in die Forderung nach einer schnellstmöglichen Abschaltung aller Atomkraftwerke in Deutschland. Die Verantwortung, auch nur eine dieser Anlagen länger als notwendig zu betreiben, wäre zu groß, zumal Studien aufzeigen, dass das Störfall-Risiko mit der Laufzeit massiv steigt. ‚Schnellstmöglich‘ hat dabei auch für uns Grüne mehrere Dimensionen. Es darf durch die Abschaltung nicht zu Versorgungsengpässen oder Netzinstabilitäten, auch nicht regional, kommen. Das wird es aber auch nicht. Wir sehen es dabei als zentrale Aufgabe an, den ‚schnellstmöglichen Atomausstieg‘ klimafreundlich und wirtschaftlich zu realisieren.
Bis Ende 2013 alle Atomkraftwerke abzuschalten, ist rein quantitativ auf der Basis der heute bereits im Bau befindlichen Kraftwerkskapazitäten umsetzbar (siehe Kraftwerks-Liste BDEW vom 1. April 2011). Wir wollen uns daher mit der Anti-Atombewegung daran beteiligen, die amtierende Bundesregierung unter Druck zu setzen, den Atom-Ausstieg jetzt ohne Verzug und falsche Ausreden umzusetzen.
Die bisherige Energiepolitik von Bundesregierung und Großkonzernen der letzten Jahre sah vor, die Menschen in Deutschland mit Pest und Cholera gleichzeitig zu beglücken und ihnen die Medizin zu streichen, sie hatte folgende Säulen:
- Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke um durchschnittlich 20 Jahre
- Neubau von bis zu 40 Kohlekraftwerken und CCS-Pilotprojekten
- Reduktion des Zubaus der dezentralen erneuerbaren Solarprojekte und Windparks auf dem Land um bis zu 80% im Vergleich zu Vorjahren
Nicht nur gegen die Atomkraft regte sich Protest, lange Jahre nicht erlebte Massenproteste erzielten eine Rücknahme vieler Kohlekraftwerks-Neubaupläne. Nicht alle Kohlekraftwerksprojekte konnten jedoch von Bürgern und Stadtparlamenten gestoppt werden. Daher befinden sich derzeit neun umstrittene Kohlekraftwerke im Bau, von denen die meisten bis Ende 2012 fertig gestellt sein werden, alle jedoch bis 2013. Diese nicht mehr verhinderbaren Kohlekraftwerke haben eine Gesamtleistung von ca. 9500 MW (Megawatt).
Zusätzlich sind etliche Gaskraftwerke im Bau, insgesamt werden bis Ende 2013 neun neue Gaskraftwerke mit einer Leistung von ca. 3.500 MW fertig gestellt sein.
Zusammen werden bis 2013 also mindestens 13.000 MW neuer konventioneller Kraftwerkskapazitäten in Deutschland fertig gestellt sein.
Bis Ende 2013 werden zusätzlich rund 18.300 MW erneuerbarer Energien alleine aus Wind- und Solarkraftwerken zugebaut.
Die heute noch am Netz befindlichen Atomkraftwerke haben eine Gesamtleistung von 12.671 MW. Alleine die heute größtenteils im Bau befindlichen und bis 2013 fertig gestellten Gas- und Kohle- Kraftwerksneubauten mit rund 13.000 MW haben also bereits mehr Leistung, als die bis dann abzuschaltenden Atomkraftwerke.
Die so genannte ‚gesicherte Leistung’, welche die ständige Stromverfügbarkeit in Deutschland gewährleistet ist also bereits durch ausschließlich bereits im Bau befindliche konventionelle Kraftwerke gegeben. Die CO2-Reduktion hingegen erfolgt durch den – gegenüber dem bisherigen Energiekonzept der Bundesregierung – beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien, durch den die konventionellen Kraftwerke weniger oft und lange laufen müssen und so wesentlich weniger CO2 ausstoßen werden, als bisher vorgesehen.
Der Bundesverband Erneuerbare Energien hat bereits bekannt gegeben, dass die erneuerbare Energien bis zum Jahr 2020 insgesamt 47% des heutigen Strombedarfes bereitstellen können, heute tragen erneuerbare Energien bereits 17% zur Bruttostromerzeugung bei. Knapp die Hälfte davon stammt heute aus Biomasse- Anlagen und Wasserkraft, die nicht fluktuieren, sondern zur Netzstabilität beitragen, ebenso wie moderne Windanlagen.
Das Energiekonzept von Bündnis 90/Die Grünen sieht vor, bis zum Jahr 2030 den Strom in Deutschland zu 100% aus erneuerbaren Energien zu erzeugen. Den Weg zu dem hierfür notwendigen Systemwechsel in der Energieerzeugung müssen wir in den kommenden Jahren ebnen und gezielt beschreiten.
Erläuterung zum Atomausstiegsbeschluss der BAG-Energie vom 3.04.2011
Durch die SprecherInnen der BAG-Energie
20.04.2011 – Berlin / Duisburg
Kontakt:
Die SprecherInen der BAG-Energie
Astrid Schneider und Matthias Schneider
(Namensgleichheit rein zufällig)
bag.energie (at) gruene.de
Quellen:
Bundesverband der Deutschen Energie und Wasserwirtschaft:
PM vom 1.04.2011 – 51 Kraftwerke sind bis 2019 vorgesehen
Bundesverband Erneuerbarer Energien
Greenpeace:
‚Der Atomausstieg bis 2015 ist machbar’ – ‚Berechnung von Ersatzkapazitäten für die Abschaltung der AKW’ 04/2011
Wikipedia:
Liste der Kernreaktoren in Deutschland
https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Kernreaktoren_in_Deutschland#Kernkraftwerk
diesen Begleittext als PDF-Datei…
BDEW-Kraftwerksliste hier…
Greenpeace:
Der Atomausstieg bis 2015 ist machbar hier…
„Berechnung von Ersatzkapazitäten für die Abschaltung der AKW“ hier…