Das Beispiel Kolumbien
von Hartwig Berger
Dass Landwirtschaft zur energetischen Nutzung in massive Sozialkonflikte führt, will ich an der Entwicklung im Kolumbien der letzten Jahre darstellen. Ich wähle dieses Beispiel auch, um ein „naturalistisches“ Missverständnis zu korrigieren, mit dem sich einige Umwelt- und Entwicklungsorganisationen die Sache zu einfach machen. Ich meine die Ansicht, dass der Anbau von Energiepflanzen als solcher in die Krise führt. Das Problem ist nicht die Nutzung von Ölpalme oder Zuckerrohr, sondern sind die Rahmenbedingungen, unter denen sich Agrarwirtschaft für den Weltmarkt durchsetzt und die gesellschaftlichen Folgen, die das in bisher (klein-)bäuerlich geprägten Regionen der Tropen und der Subtropen ländlichen Regionen hat. Unter anderen Rahmenbedingungen müssten Chancen und Folgewirkungen des Anbaus nachwachsender Energieträger anders beurteilt werden. Allerdings bleibt die große Frage, ob und wie andere Randbedingungen in einer Weltwirtschaft mit ihrer herrschenden Ideologie des Freihandels, der Dominanz multinationaler Konzerne, den unkontrollierten spekulativen Finanzmärkten und der Korruptionsanfälligkeit der meisten Regierungen und Verwaltungen überhaupt durchsetzbar sind. Die überzeugendsten Zertifizierungsregeln zum Beispiel bleiben eine geistige Trockenübung, solange ein deregulierter weltweiter Agrar- und Agrosprit-Markt sie locker unterlaufen kann.